Es ist mir gleich, ob diese Weit mich liebt, schreibt Brecht. Doch nicht von Liebe soll hier die Rede sein; es geht um die Notwendigkeit, Brechts Gedichte zu lesen. Er bleibt der Klassiker der Vernunft. Wir brauchen ihn, wir brauchen ihn heute. Was für seine Stücke gilt, gilt auch für die Gedichte. Peter Suhrkamp war es, der als erster darauf hinwies, daß Brecht im Gedicht wie im Drama die deutsche Geschichte seit 1918 beschrieben hat. Doch Brecht ist nicht nur Chronist historisch gewordener Ereignisse, er nimmt sich auch den einzelnen vor, die anderen und sich selbst. Er ist genau. Er macht sich und die anderen nicht glücklicher, nicht unglücklicher, nicht mutiger, nicht feiger, nicht ärmer, nicht reicher, als sie es sind. Er ist wahr. Darum ist und bleibt er der Lehrer unseres Jahrhunderts. Wenn wir lernen wollen, dann lernen wir von ihm. Wenn wir wissen wollen, wozu unsere Sprache fähig ist, dann lesen wir ihn. Ach, gäb's Gerechtigkeit! - und wenn sie mir gleich fehlte - So wär ichfroh, und träfe sie selbst mich. Die Gerechtigkeit, die Brecht widerfährt: wir lesen ihn, lesen ihn neu: Die Stücke in einem Band, nun auch Die Gedichte in einem Band.